Neue Marktteilnehmer – darunter Challenger-Banken, Bezahlanbieter ohne Bankenlizenz und große Technologieunternehmen – gewinnen in der globalen Finanzbranche deutlich an Erträgen und Einfluss, während traditionelle Banken noch mit ihrer digitalen Ausrichtung ringen. In Folge verschärft sich der Wettbewerb.
Laut einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Accenture, beanspruchen neue Marktteilnehmer in Europa bis zu einem Drittel der seit 2005 neu generierten Erträge für sich. Auch in Deutschland zeichnet sich dieser Trend ab: Seit 2005 sank die Anzahl der Banken um 24 Prozent und Neueinsteiger sicherten sich bereits 4,5 Prozent des deutschen Banken- und Zahlungsverkehrsmarktes.
Payment – Digitale Player kosten traditionelle Banken ein Drittel des Wachstums in Europa – Weltweit betrachtet ist die Anzahl der Banken und Zahlungsverkehrsunternehmen um fast ein Fünftel gesunken – von 24.000 im Jahr 2005 auf weniger als 19.300 im Jahr 2017. Beinahe jedes sechste Institut (17%) ist ein Branchenneuling, der nach 2005 in den Markt eintrat. Das zeigt die Unternehmensberatung Accenture in der aktuellen Studie „Star Shifting: Rapid Evolution Required“, die global mehr als 20.000 Banken und Zahlungsverkehrsunternehmen in sieben Märkten analysiert, um den Stand der Disruption zu quantifizieren.
Die digitale Disruption der globalen Bankenbranche hat auch Europa und den deutschen Markt erreicht. Seit 2005 sicherten sich in Europa rund 1.400 neue Marktteilnehmer etwa ein Drittel (33%) der seit 2005 erwirtschafteten Erträge und etwa sieben Prozent (54 Mrd. Euro) des Gesamtumsatzes im Bankwesen. Zu den rund 1.400 Newcomern im europäischen Markt zählen 1.200 Zahlungsanbieter, 100 Banken und 80 Fintechs.
Payment – In Deutschland ist die Zahl der Banken in den vergangenen zwölf Jahren um fast ein Viertel (24%) gesunken, dafür war Konsolidierung der wichtigste Grund. Neue Marktteilnehmer haben einen Anteil von 4,5 Prozent am deutschen Bankensektor erreicht. Unter den neu gegründeten Banken finden sich erfolgreiche Challenger-Banken wie N26 oder die Solarisbank sowie Unternehmensbanken aus anderen Branchen, wie zum Beispiel Siemens oder Hyundai. Zudem wurden 25 relevante Fintechs für Deutschland identifiziert, zum Beispiel Kreditech im Bereich der Kreditvergabe, Figo im Bereich Open Banking und Check24 bei den Vergleichsportalen.
Wettbewerbsintensität ist so stark wie nie zuvor
Während nur wenige der aufstrebenden neuen Akteure den traditionellen Bankhäusern ernsthafte Sorgen bereiten, wird die Bedrohung durch vermindertes Umsatzwachstum immer drängender. „Zehn Jahre nach der Finanzmarktkrise erlebt die Bankenbranche eine noch nie dagewesene Wettbewerbsintensität“, erläutert Dr. Markus Hamprecht, Geschäftsführer und Leiter des Bereichs Financial Services bei Accenture. „Da Challenger-Banken und Plattformplayer die Wettbewerbsfähigkeit der traditionellen Banken angreifen und sich eine Machtverschiebung anbahnt, dürfen sich etablierte Bankhäuser nicht länger auf ihren zurückliegenden Erfolgen ausruhen. Sie müssen die Branchenveränderungen als Vorteil nutzen, indem sie in digitale Technologien und Ökosystem-Geschäftsmodelle investieren. Nur so können sie die eigene Relevanz bei den Kunden stärken und Umsatzwachstum zurückgewinnen.“
Payment – Viele etablierte Banken nehmen die Newcomer nicht als ernstzunehmende Konkurrenz wahr. Es herrscht die Meinung vor, dass die neuen Marktteilnehmer keine echten Innovationen schaffen, sondern traditionelle Bankprodukte lediglich veredeln. Darüber hinaus ist die Ansicht verbreitet, dass sich Erträge nicht zu neuen Marktteilnehmern hin verschieben und die verhältnismäßig jungen Akteure keine Gewinne erzielen. Die Accenture-Studie zeigt jedoch deutlich, dass die Disruption in den meisten Ländern bereits im Gange ist und Erträge durchaus in die Richtung neuer Marktteilnehmer wandern. Dieser Trend wird sich auch in Zukunft fortsetzen und wesentlichen Einfluss auf die Ergebnisse der etablierten Banken haben, prognostiziert Accenture.
Erträge verschieben sich hin zu neuen Marktteilnehmern
In einigen Leitmärkten sind diese Entwicklungen noch deutlicher zu sehen als in Deutschland: Großbritannien ist der Markt, der am stärksten von der Disruption betroffen ist. Hier sind 63 Prozent der Marktteilnehmer Newcomer. Sie stammen überwiegend aus dem Bereich der Nicht-Banken-Zahlungsinstitute und erzielen rund 14 Prozent der gesamten Erträge im britischen Bankensektor. Dies ist die Folge einer Öffnung des Wettbewerbs durch Regulierung und dem Abbau der marktbeherrschenden Stellung etablierter Banken. Im Vergleich zu anderen Märkten und dem weltweiten Durchschnitt von 17 Prozent ist dies ein absolutes Novum.
Payment – In den USA zählt fast jedes fünfte Finanzinstitut (19%) zu den Neueinsteigern im Markt, die mit 35 Mrd. USD-Dollar rund 3,5 Prozent der gesamten Banken- und Zahlungsverkehrseinnahmen erzielen. Insgesamt ist in den letzten zehn Jahren die Zahl der Finanzinstitute in den USA um fast ein Viertel zurückgegangen, was hauptsächlich auf die Finanzkrise und die daraus resultierenden regulatorischen Hürden für den Besitz einer Banklizenz zurückzuführen ist.
„Der Bankensektor erlebt einen radikalen Wandel, der durch Regulierung, neue Marktteilnehmer und ein anspruchsvolleres Verbraucherverhalten bestimmt ist. Banken, die in der ersten Liga spielen wollen, müssen ihre Assets, Stärken und Fähigkeiten neu bewerten und prüfen, ob sie ihr Geschäft in die richtige Richtung lenken“, so Hamprecht. „Die Zukunft gehört den Banken, die in der Lage sind, neue Wachstumspotenziale zu erschließen. Dafür müssen sie ihre Chancen jenseits der traditionellen Finanzdienstleistungen erkennen und nutzen.“
Methodik
Auf Basis von Daten aus verschiedenen Quellen, darunter die Europäische Zentralbank (EZB) sowie andere lokale Zentralbanken, analysierte Accenture mehr als 20.000 Institute aus den Banken- und Finanzmärkten in Australien, Brasilien, Kanada, China, Europa, Großbritannien und den USA. Von den untersuchten Instituten gelten 3.200 als „neue Akteure“, also Institute, die seit 2005 auf dem Markt aktiv sind und sich in drei Hauptkategorien einteilen lassen: lizenzierte Banken, Zahlungsanbieter (Zahlungssystemanbieter, einschließlich E-Money-Dienstleistungen, und andere Betreiber von Zahlungssystemen) und nicht lizenzierte Finanzdienstleister, einschließlich etablierter „Fintech“-Start-ups. Für Kanada, Europa, Großbritannien und den USA wurden zusätzliche Analysen der Erlöse durchgeführt. Diese basierten auf Unternehmensdaten, sofern verfügbar und konsistent, sowie auf betriebswirtschaftlichen Berechnungen.
Quelle: Accenture
Weitere Informationen zu der Studie finden Sie hier.
Über Accenture
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